Wat’n dat nu wedder? …wird sich mancher vielleicht fragen. Eine nordöstliche Alte Sitte, nie gehört. Daher ein paar einleitende Worte zu meinem Blog und Drumherum.
Im Grunde ist dieses Blog nordost.altesitte.info der „kleine Bruder“ zur Webseite altesitte.info, auch als asentr.eu bekannt und unter beiden erreichbar. Warum dann also noch ein Blog? Ganz einfach, das ist eher so eine inhaltliche Sache. Auf die Webseite kommen Artikel, die sich zu einem speziellen Thema entwickelt haben. Für Gedankensplitter, unfertige Ideen und dergleichen ist das nix. Das ist hier besser aufgehoben. Und wenn man in einem Blog mehr sieht, als nur die Summe der Codezeilen, läßt sich auch immer sowas wie Reflexion eigener Gedanken, Eindrücke und Wahrnehmungen erkennen. Persönliche Momentaufnahmen zur Alten Sitte.
Von daher sind die statischen Inhalte zum Thema Ásatrú am Besten bei der „großen Schwester“ aufgehoben (das Wort Ásatrú ist im Nordischen ja weiblich, daher „große Schwester“ ). Das erklärt aber noch nicht das „Nordost“ im Titel.
Geografisch hat es damit zu tun, daß wir vor einiger Zeit einen bewußten Wendepunkt vollendet haben, indem wir unseren Lebensmittelpunkt vom städtischen ins ländliche Umfeld verlegten. Jetzt wohnen wir am Rande eines kleinen Dorfs im Nordosten von Deutschland.
Über die Staatsgrenzen hinaus ist der Nordosten aber auch eine Landschaft, die lange gemeinsames Siedlungsgebiet germanischer und slawischer Stämme gewesen ist. Nordost ist für mich damit auch eine geistig-kulturelle Richtungsangabe, eine Art Spurensuche nach Brauchtum und religiösen Vorstellungen unserer Vorfahren, mit Blick nach Norden und Osten. Bleibt man nicht immer ein Wanderer, ein Suchender auf Alten Pfaden…?
Vieles läßt sich heute noch unübersehbar am Wegesrand finden, anderes liegt verborgen in Wäldern zwischen Moos und Farnen – was ja gleichermaßen auch für uns selbst gilt. Rückbindung wird nur finden, wer in sich hineinhorcht und seiner inneren Stimme an die alten Plätze folgt und ihre Kraft spürt… und davon etwas mitnimmt.
Gehe die alten Pfade, die zwischen Moos und Farn verborgen liegen. Suche die alten Plätze, spüre ihre Kraft und folge dem Ruf der Götter.
Schaut man sich die Bezeichnung „Alte Sitte“ für die heidnische (nordgermanische) Religion an, wird man schnell merken, daß es offenbar kein primäres Anliegen der damaligen Menschen war, sich Gedanken über einen Eigennamen für die religiösen Vorstellungen zu machen, waren es doch die althergebrachten, allen bekannten und von den Ahnen überbrachten Vorstellungen. Wozu also ein Name. Im Spannungsfeld der sich neu ausbreitenden Glaubensvorstellungen bildeten sich jedoch Sprachwendungen wie „nach alter Sitte“, „altem Brauch“, „að fornum sið“ also auf „alte Art und Weise“ oder „Heiðinn siðr“ nach heidnischer Sitte, um vom Christentum (Kristinn siðr) zu unterscheiden. Die neuen Gebräuche (nýi siðr) standen im Gegensatz zum Althergebrachten (forn siðr). Daran hat sich im Grunde bis heute nichts geändert.
Was damals mit dramatischen Umwälzungen verbunden war, hat unter anderem zu dem Punkt geführt: Die Götter verschwanden (oder starben) natürlich keineswegs, sondern nur die persönlichen Verbindungen zu ihnen, sofern sich die heidnischen Bräuche nicht adäquat verschleiern ließen. Mit der Zeit führte dies zu dem Umstand, daß zwar alles offensichtlich Heidnische von der Oberfläche verschwand, jedoch im Unterbewusstsein der Menschen erhalten blieb, sich geradezu dahin zurückzog. Teilweise fand es Ausdruck in Sagen und Erzählungen, Ortsbezeichnungen, Flur- und Flußnamen und einiges mehr. Noch leichter lassen sich die unzähligen Spuren finden, die unsere Vorfahren in der Landschaft hinterließen. Manche so offensichtlich, daß man förmlich drüber stolpert, andere gut versteckt an unscheinbaren Orten. Und hier wirkt das Geheimnisvolle dieser alten Zeit fort, liegt wie eine Sphäre über allem. Wie eine Art unsichtbare Zwischenwelt inmitten des Alltäglichen. Für die einen nicht (mehr) sichtbar, für andere hingegen ein lebendiger Quell. Natürlich lassen sich nach wie vor monotheistische Glaubensvorstellungen wie eine Schablone darüberlegen, aber was ändert das? Darunter bleiben die immanent waltenden Kräfte unberührt, im Verborgenen. Und darin liegt etwas Entscheidendes: Der Zugang liegt in uns selbst…
Die Quelle des Urd ist nicht länger ein dunkles Tief, in das wir starren, sondern ein lebender Strom, der fruchtbar durch die Länder des Nordens fließt. (Welhaven)
Was wär ein Gott, der nur von außen stieße,
Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Ihm ziemt’s, die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist,
Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermisst. (Goethe)
Kurz zu mir
Ich (ING) war einige Jahre vereinsorganisiert unterwegs, bin nach einer Weile aber wieder zum Eigenen zurück. Was den Blog betrifft, so weiß ich inzwischen kaum noch etwas über (oder aus) der „Szene“ zu berichten. Ich nehme an keinen Veranstaltungen mehr teil, bin fern jeder Art von organisiertem Heidentum, fern aller Modernisierungsbestrebungen und Ausdifferenzierungsprozesse, fern aller „true or not true“-Diskussionen und was weiß ich nicht alles. Kern und Mittelpunkt bleibt immer die eigene Verbindung zu den Göttern. Vielleicht mag daher abschließend die Frage berechtigt sein, ob ein Strom, der zu sehr in Bahnen gelenkt wird, nicht eher versiegt, als daß er an Lebendigkeit zunimmt?