Der nächtliche Wald ist etwas, was vielen Menschen Unbehagen bereitet. Sich ins Dunkel zu begeben, aus der kontrollierten Kulturwelt hinauszutreten, wenn auch nur für einen Moment in eine andere Welt, vielleicht in eine Art Anderswelt hinüberzugleiten, macht man nicht um sich oder anderen Mut zu beweisen. Nein, man selbst lässt sich von seinem inneren Wesen leiten, häufig auf ungewöhnliche Wege… Aber ist nicht die Alte Sitte von sich aus schon ungewöhnlich? Ein Pfad abseits der asphaltierten Wege, auf den man seinen Fuß setzt und fortan bewandert, häufig allein und selten gemeinsam, eine Wanderung auf den weit verzweigten Wegen Yggdrasils…
Ein Gastbeitrag
Nachts ging ich los, zuerst den Hügel hoch und dann am nördlichen Waldrand entlang, bis ich in den Wald abbog. Es war gut, dass ich richtige Bergwanderschuhe anhatte, denn der Weg war teilweise sehr schlammig und mit Pfützen, weil es gestern geregnet hatte. Und es waren sehr viele sehr starke Wurzeln auf dem gesamten Weg, wo eine gute Sohle nötig war, um nicht abzurutschen.
Ich bat Odin, mich beim Wandern zum Ritualplatz zu schützen und auch auf dem Weg zurück. Auch Thor bat ich, mich zu beschützen. Und ich bat die Disen und die anderen Wesen (Nornen, Walküren, Elben, Wald-, Nebel-, Baumgeister) um Schutz. Die Strecke bis zum Platz ging ca. 90 min, 2/3 der Strecke war der Weg aus Erde und Wurzeln, danach war der Weg aus Kies und daher hell und besser zu sehen. Sehr schön fand ich, dass die Götter und anderen Wesen mich wohl immer auf den richtigen Weg brachten. Einmal zum Beispiel lief ich unbewusst vom Weg ab und nach ein paar Metern stieß ich an eine Art natürlich gewachsener Schranke aus Baum. Ich sah mich um und dachte, ich kann nicht auf einem Weg sein. Und tatsächlich war ich in einem ca. 70° Winkel vom Weg hochgegangen. Ein anderes Mal hörte ich viel Geraschel und guckte dann doch mit meiner Lampe nach, ob dort auf dem Weg ein Tier stand. Dem war nicht so, aber kurz danach hätte ich vermutlich die falsche Abbiegung genommen. Und wie von Zauberhand fand ich auf Anhieb die Abzweigung auf dem Weg zurück vom Ritualplatz vom hellen Kiesweg auf den dunklen Waldweg. Vermutlich hatte ich durch meine wache Wahrnehmung einfach nur eine gute Orientierung. Aber das mit der Baumschranke auf Beinhöhe war wirklich schön.
Es war auch sehr schön, wie ab und zu in Lichtungen der Mond zu sehen war. Einmal auf dem Rückweg hat der Wind von oben nach unten gepfeift, das war auch sehr schön. Und die angenehmen Bäume, bei einigen Bäumen fühle ich mich einfach geschützt. Besonders, wenn sie ausladende, wie heimisch einladende und gastfreundliche Wurzeln haben. Und der Nebel war schön. Er hing oft an dem Boden, wenn die Bäume voneinander im Wald ca. 1 m Abstand voneinander hatten. Ab und zu beobachtete ich das Schauspiel von Bäumen und Nebel. Manchmal hing eine komplette Nebelwand einfach mitten im Waldweg und ich lief durch sie hindurch. Da kam es mir schon fast so vor, als wären die beiden Verstorbenen, denen ich heute im Ritual gedachte, sehr nahe, fast schon, als könnte ich ihre wärmende und hütende Nähe spüren. Wie das so ist im Wald des nachts, kann man sich schnell Dinge einbilden, wenn man zu tief in den Wald schaut. Aber es fühlte sich an, als baute der Thorshammer eine Schutzbarriere um mich herum auf, ich musste mich mit keinen Einbildungen herumschlagen.
Ich habe wohl überhaupt keine Angst mehr davor, nachts auch im tiefsten Wald zu sein, wo es stellenweise so dunkel ist, dass man sich nur auf den Tastsinn der Füße verlassen kann. Zum Einen natürlich, weil ich davon ausgehe, dass die Götter mich beschützen und durch den Thorshammer. Aber, der viel stärker wiegende Punkt ist, dass ich ein reines Herz habe, wenn ich im Wald bin. Ich bin den Göttern und dem Wald gegenüber ehrlich und möchte sie beschützen und ihnen helfen und das schon stark. Dadurch, dass ich mein gesamtes Wesen, was mich ausmacht, vor den Göttern und dem Wald, in dem ich die Götter erlebe, offen legen kann, habe ich überhaupt keine Angst und fühle mich geborgen und wie ein willkommener Gast, vielleicht ein entfernter Verwandter, den man nach einer Reise bei sich aufnimmt. Als mir klar geworden ist, dass ich durch diese Ehrlichkeit den Göttern und dem Wald gegenüber wirklich keine Angst zu haben brauche, hat es angefangen, zu regnen. Das war sehr schön. Und, wie man Antworten in sich findet, wenn man im Wald unterwegs ist und ihn auf sich wirken lässt, so ist mir gekommen, dass ich nicht in die ferne Zukunft planen sollte bzgl. dem Schutz der Götter und des Waldes. Ich kann heute und im Alltag handeln und wenn ich einfach genug denke, dann ist das auch ganz einfach.
Am Eingang zum Platz befindet sich ein großer, fast rechteckiger Stein. Dort legte ich meine Waffen und auch mein Stichfest Anti-Zecken-Spray ab. Ich machte das Thorzeichen und bat ihn, diesen Ritualplatz zu schützen und zu weihen. Dann ging ich zu der Feuerstelle, es war eine metallene große Schüssel mit 2 kleinen Ablagen aus parallelen Stangen. Um die Feuerstelle herum stehen 4 einfache Holzbänke. Auf eine Bank legte ich, was ich für das Ritual brauchen würde.
Nun ehrte ich die Götter: Asen und Wanen, die Wintergötter Ullr und Skadi, Nerthus und Hel. Ich trank einen Schluck aus dem Becher. Anschließend ehrte ich zwei Verstorbene und sprach über ihre Art und, was sie mir beigebracht und wie sie mir geholfen hatten. Bei der letzten Runde sprach ich, dass ich die Götter und den Wald schützen wolle und bat die Götter darum, mir den richtigen Weg zu zeigen.
Als ich aus dem Wald herauskam, dankte ich den Göttern, insbesondere Odin und Thor und auch den Disen und anderen Wesen für den Schutz auf dem Weg.