Zwei Bucheingänge liegen vor mir auf dem Schreibtisch und versprechen ein interessantes Befassen.
Beim ersten der beiden handelt es sich um die Die Jüngere Edda – Altnordisch und deutsch von Géza Árpád v. Nahodyl Neményi und erfreut das geneigte Auge mit einer ästhetisch ansprechenden Buchgestaltung ganz im Stile der alten 1943er Edelausgaben vom Askanischen Verlag. Im Innern geht’s dann auch gleich mit Frakturschrift weiter (zumindest die deutsche Textfassung, die altnordischen dagegen in einer normalen serifenbetonten, nicht gebrochenen Schriftart) – ein Wohl für all jene, die dieser schönen alten Frakturschrift einiges abgewinnen können (wie ich). Ein Wehe jedoch all denen, die dem Schriftbild wenig vertraut sind und sich in ihrem flüssigen Lesevergnügen gestört fühlen. Da hilft nur üben, üben, üben… 😉 . Zum eigentlichen Inhalt und der Güte möchte (und kann) ich an dieser Stelle noch gar nichts sagen. Das werde ich etwas später in einer Rezension auf Asentr.eu behandeln. Übrigens gibt es auch noch eine weitere Ausgabe mit den Götterliedern der Älteren Edda, gestalterisch im gleichen Stil. Sicher ein edler Anblick im Bücherregal, wenn beide nebeneinander stehen. Nur schade, daß es sich um die klassischen BoD-Taschenbücher handelt, die qualitativ nicht das feinste Handwerkzeug darstellen. Diese beiden Ausgaben in einer schönen Halbleinen-Festeinbindung wäre gleich eine ganz andere Liga.
Beim zweiten Buch läßt der Titel schon erahnen, daß es sich weniger um schmökerhafte Bettlektüre handelt (was bei der Edda ja auch nicht der Fall ist, nicht falsch verstehen). Um so mehr deutet der Titel etwas an, das uns alle betrifft: Die Geschicke des Menschen, sein Schicksal – Wyrd. Warum mich aktuell gerade dieses Thema fesselt wie kein anderes, darauf werde ich später noch einmal zurückkommen. Nur soviel: Ein Schicksalsnetz, ein Werk aus vielen Knoten und Verbindungen, das irgendwo jeder kreuzt und doch seine eigenen Wege geht… ist das nicht ein spannender Gedanke?
Ein kurzer Blick in den Klappentext:
Die Arbeit versucht, eine der wesentlichsten Komponenten unseres heutigen, noch immer romantisch gefärbten Germanenbildes kritisch zu überprüfen: die These vom „germanischen Schicksalsglauben“. Als deren sicherste Stütze gilt das altenglische Wort ‚wyrd‘, aus dessen häufigem Auftreten man unter Einbeziehung der bei weitem selteneren Entsprechungen anord. ‚urdr‘, asächs. ‚wurd‘, ahd. ‚wurt‘ einen gemeingermanischen Glauben an die Schicksalsmacht ‚Wurd‘ erschließt. Übersehen wird dabei die Paradoxie, daß sich mit ‚wyrd‘ der germanische Fatalismus gerade in der altenglischen Überlieferung am besten erhalten hätte, in der Literatur also, die seit Anbeginn vom christlich-mittelalterlichen Weltbild durchdrungen ist. Bei dieser Paradoxie setzt die Arbeit an.