Herbstblót im Eibenwald

Ein Gastbeitrag

Als Anhänger der Alten Sitte in einer Großstadt kommt der Wahl des heiligen Blótortes doch eine erheblich komplexere Bedeutung zu als dies in ländlichen Gefilden der Fall sein mag.
Ich bin jedoch von Herzen davon überzeugt, dass wir von mehr heiligen Orten umgeben sind, als wir es oft annehmen und eine der schönen Seiten einer immer mobiler werdenden Welt ist in jedem Fall, dass Orte näher aneinander rücken. Durch die Welt zu schreiten und zu sehen und zu hören ist eines der Dinge, die wir stets von den Göttern vorgelebt bekommen haben, wie ich finde.

Um den Herbst zu begrüßen ziehen wir also noch in den nächtlichen Morgenstunden am Sonntag los in Richtung eines ganz besonders heiligen Ortes. Dem Wessobrunner Eibenwald. Dieses Kleinod unseres schönen Landes ist einer der größten zusammenhängenden Flächen mit dem dichtesten Bestand an europäischen Eiben in Deutschland, die teilweise über 1000 Jahre alt sind. Die Temperaturen künden bereits von den noch entfernt liegenden Winternächten und die Vögel und Tiere begrüßen bereits den nahenden Morgen als wir den Wald betreten und die ersten Bachläufe passieren.

Hinweg Gabel

Hinweg Gabel

Bachlauf

Bachlauf

Ohne genaues Ziel folgen wir dem Bachlauf bis zu einer Weggabelung und werden auf eine Wildschweinsuhle aufmerksam. Unweigerlich denken wir an Freyr, dem wir unter anderem unser Blót widmen und fühlen uns eingeladen, der Spur durch das Dickicht weg von der Suhle zu folgen.

Suhle

Suhle

Tatsächlich haben die Wildschweine uns einen breiten Pfad durch den hohen Bewuchs frei gesuhlt und wir befinden uns nach kurzer Zeit, in der wir durch Morast gewandert sind, unter einer wunderschönen schlanken Eibe wieder. Wir können uns der Anmut des Moments nicht erwehren als wir die strahlend roten Früchte an den tiefgrünen Nadeln sehen, die zu dieser Zeit in aller Regel bereits vergangen sind.

Morast

Morast

Eibenfrüchte

Eibenfrüchte

Eibe

Eibe

Ich finde diese Momente ganz besonders intensiv, in denen die Welt das Antlitz der Götter zeigt und wir nicht mehr tun müssen als einfach nur hin zu sehen oder zuzuhören. Voller Freude bauen wir Altar und Ritualplatz auf. Als Feuerstelle haben wir eine alte Laterne gewählt, da der Eibenwald ein sehr strenges Naturschutzgebiet ist und eine traurige Geschichte mit Feuer aufzeigen kann. So wurde die mächtigste Eibe des Waldes mit über 1000 Jahren Alter Opfer einer Brandstiftung und so signalisieren wir aus Respekt gegenüber dem Ort unser Ritual mit einer herbstbraunen Kerze und führen kein Rauch- oder Brandopfer furch (was im Übrigen eh nicht vorgesehen war).

Altar

Altar

Altar mit Kerze

Altar mit Kerze

Zum Herbstblót mag ich die Besinnung auf die Ernte und die Dinge, die damit in Zusammenhang stehen. Wir widmen das Blót neben allen Göttern insbesondere Thor, Freyr und Freya und gedenken explizit unserer Ahnen in einem eigenen Spill. Zum Gilt reichen wir gebundene Sträuße aus getrocknetem Beifuß, der selbst gesäht und geerntet wurde. Das Blót wird mit selbst hergestelltem Met aus köstlichen Zutaten durchgeführt.Im Übrigen liebe ich es sehr zu sehen, dass wir die Dinge, die mit unserer Religionspraxis zu tun haben, immer weiter selbst entwickeln können und unsere Geräte selbst anfertigen. Ich meine..hallo?! Wie stark ist das denn?!

Es herrscht eine wunderbare Stimmung während die Sonne über dem Ritual aufgeht und durch die Bäume strahlt. Das Ritual war wunderschön und hat mich den gesamten Tag unwahrscheinlich eingenommen.

Goldene Sonne

Goldene Sonne

Dank den Göttern für ihre so unmittelbar spürbare Teilnahme.

Bevor wir die Heimreise antreten, werden wir überwältigt von dem wunderschönen Herbstmorgen und der Schönheit Mitgards. Ich finde nach einem Blót ist man ganz fein eingestellt auf die Sprache der Welt und die Seele ist in Ruh.

Goldener Morgen

Goldener Morgen

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